Am 28. Juni 2010 fand im Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages die öffentliche Anhörung zum Thema Hebammenhilfe statt. Die Sitzung kann im Parlamentfernsehen nachverfolgt werden. Die dabei wiedergegebenen Zahlen und Fakten verzerren das Bild der tatsächlichen Situation der freiberuflichen Hebammen. Der BfHD bittet um eine Richtigstellung:
Unzulässiger Kostenvergleich außerklinische vs. klinische Geburt
Staatssekretär Daniel Bahr, FDP, stellt die Kosten der außerklinischen Geburtsbegleitung inklusive Schwangerenvorsorge und Wochenbett der bloßen Geburtspauschale der klinikgebärenden Frau gegenüber. Dies ist ein unzulässiger Vergleich. Für eine vernünftige Vergleichbasis sollten ausschließlich die Geburtspauschalen gegeneinandergestellt werden.
Für eine Hausgeburt zahlt die Krankenkasse eine Pauschale von 537 EUR. Eine Klinikgeburt wird dagegen mit einer Pauschale von 1.500 EUR für die gebärende Frau berechnet und umfasst zusätzlich 750 EUR für das Neugeborene.
Richtigstellung: Anzahl betreuter Geburten liegt pro Jahr durchschnittlich bei zehn Geburten
Die Präsidentin des Deutschen Hebammenverbandes Martina Klenk beziffert das Arbeitsvolumen einer Hausgeburtshebamme auf 35 Geburten pro Jahr. Dies ist nach uns vorliegenden Daten nicht korrekt. Aussagekräftige Datenerhebungen zur außerklinischen Geburtshilfe geben für Hausgeburtshebammen eine durchschnittliche Anzahl von etwa zehn betreuten Geburten pro Jahr an (Quelle: Gesellschaft für Qualität in der außerklinischen Geburtshilfe QUAG e.V.).
Richtigstellung: Versicherungsmarkt für Geburtshilfe nicht ausreichend
BaFin-Referatsleiter Ramon Platt sagt, es gebe eine große Zahl von Gesellschaften, die umfassende Berufshaftpflichtversicherungen für Hebammen anbieten. Der BfHD stellt hiermit richtig: Hebammenleistungen ohne Geburtshilfe werden von vielen Anbietern versichert. Die Berufshaftpflichtversicherung für Hebammenleistungen mit Geburtshilfe kann jedoch mittlerweile nur noch bei vier Versicherungsunternehmen abgeschlossen werden.
Der BfHD e.V. sieht nach wie vor Handlungsbedarf von Seiten der Politik und bleibt bei seiner Forderung nach staatlicher Unterstützung für die übergangsweise Absicherung von Hebammenarbeit ab 1. Juli 2010.
Die Forderungen im Einzelnen:
Erschwingliche Berufshaftpflichtprämien für freiberufliche Hebammen
Die Gründung eines Versicherungsvereins auf Gegenseitigkeit muss politisch unterstützt werden. Der Lösungsvorschlag des BfHD sieht vor, eine unabhängige Versicherung ohne Gewinnabsicht zu etablieren, um den Hebammen eine erschwingliche Absicherung ihres Arbeitsrisikos zu ermöglichen. Um kurzfristige Lösungsansätze zu entwickeln, trifft der BfHD am heutigen Montag, 28. Juni 2010 mit dem Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft zusammen.
Deckelung der Entschädigungssummen durch Haftpflicht/Regressfrist beschränken
Der BfHD fordert Alternativen hinsichtlich der möglichen Regressforderungen und –fristen. Das skandinavische Modell dient hier als Vorbild. Hier fällt im Schadensfall nur ein Teil der entstehenden Kosten auf die individuelle Haftpflichtversicherung zurück. Weitere Forderungen deckt ein zentraler Patienten-Entschädigungsfonds ab. Gleichzeitig regt der BfHD eine Senkung der Verjährungsfirst für Schäden und die daraus erwachsenden Ansprüche an.
Ein Schiedsstellenverfahren legt Anfang Juli fest, wie viel die Hebammen-Geburtshilfe in Zukunft wert sein soll. „Zwar wäre eine kurzfristige überproportionale Erhöhung der Vergütung eine Notlösung im letzten Augenblick“, sagt BfHD-Vorsitzende Susanne Schäfer, „aber der BfHD strebt langfristige, belastbare Lösungen für alle Beteiligten an.“